Cansiglio – Alpago

 

 

 

Wälder von Cansiglio

 

Die Wälder von Cansiglio gehören zur Domäne der Region Venetien, liegen zwischen den Provinzen Belluno und Treviso und werden von Veneto Agricoltura verwaltet. Innerhalb dieses Gebietes werden auch das Strenge Naturschutzgebiet „Piaie Longhe Millifret“ und das Naturschutzgebiet „Pian di Landro Baldassare“ verwaltet.

Das gesamte Gebiet ist ein Gebiet gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) und ein Besonderes Schutzgebiet (BSG), weshalb diese Gebiete Teil des NATURA 2000 NETZWERKS sind. Die Cansiglio Wälder fallen unter GGB (ital. SIC) und BSG (ital. ZPS) IT3230077 – Foresta del Cansiglio.

Die Gesamtfläche von 3.932 Hektar (Waldfläche 3.147 Hektar) erstreckt sich über die Gemeinden Farra d’Alpago, Tambre d’Alpago und Fregona. Mindesthöhenlage hat Cornesega (895 m) und die maximale Höhenlage nimmt der Monte Croseraz (1.694 m) ein.

Die Umgebung

Der Cansiglio präsentiert sich wie eine typische Karstlandschaft, die sich über der venetisch/friaulischen Ebene erhebt. Das Gebiet ist wie eine Mulde mit drei zentralen Senken, wobei die größte, Pian Cansiglio, von den beiden kleineren, Valmenera und Cornesega, gefolgt wird.
Das Phänomen der Karstbildung ist chemisch-physikalischer Natur und entsteht durch die Auflösung des im Kalkgestein enthaltenen Kalziumkarbonats, das mit dem Kohlendioxid im Regen oder im Tauwasser in Berührung kommt.

Das Ergebnis dieses Phänomens ist deutlich sichtbar, nicht nur in den drei großen Senken, sondern auch in den zahlreichen Dolinen und Karströhren, die sich im gesamten Gebiet befinden.

Dolinen oder auch Karsttrichter sind große, trichterförmige Senken mit einem Durchmesser von mehreren Metern. Zu den wichtigsten Dolinen gehören die „Bus de la Lum“ mit einer Tiefe von 185 m und die „Bus della Genziana“ mit einer Tiefe von 582 m und einer Ausdehnung von 3 km.

Karströhren hingegen sind Bruchstellen im Gestein, durch die das Wasser von der Karstoberfläche wie durch Entwässerungskanäle ins Innere sickern kann.

Aufgrund der Karstphänomene dringen Niederschlagswässer direkt in die Tiefe ein und es gibt keine beständigen Wasserläufe an der Oberfläche.

Ein besonderes Phänomen ist die Ansammlung von undurchlässigem, lehmhaltigem Material am Grund der Dolinen, so dass sie sich in kleine Wasserbecken , verwandeln, die für Wildtiere eine wichtige Tränke sind, ein Ort an dem sie sich versammeln. Abschließend führt eine langsame Verlandung zur Bildung von Mooren.

Das Klima im Cansiglio ist kaltgemäßigt mit frischen Sommern. An den inneren Hängen strömt kalte Luft nach unten und sammelt sich im zentralen Bereich der Mulde, wo sie gefangen bleibt. Daraus entwickeln sich zwei Phänomene: Die Stagnation des Nebels am Boden und die thermische Inversion, d.h. eine Temperaturabnahme von der Spitze der umliegenden Erhebungen bis zum Dolinengrund.

Flora

Die thermische Inversion von den Hängen bis zum Grund der Hochebene hat auch eine Umkehrung der Vegetationsabfolge zur Folge. Am Grund großer Dolinen befinden sich Wiesen und Weiden, die normalerweise in höher gelegenen Zonen zu finden wären, während die Waldvegetation sich in den oberen Zonen ausbreitet. Oberhalb der Wiesen und Weiden, die Hänge hinaufgehend, sind vereinzelt Wacholderstreifen anzutreffen und dann die erste Waldvegetation, bestehend aus der sogenannten Fichte der Dolinen. Es handelt sich um einen gleichaltrigen, künstlichen Wald. Das bedeutet, er besteht aus Pflanzenindividuen, die einen meist einheitlichen Bestand bilden, sowohl hinsichtlich Höhe als auch Ausmaß und setzt sich nur aus der Gemeinen Fichte (Picea abies, auch Rottanne genannt) zusammen. Dies ist zurückzuführen auf Pflanzungen, die vor etwa fünfzig Jahren auf ehemaligen Weiden durchgeführt wurden.

Dieser Waldtyp besiedelt den Grund der großen Dolinen (Valmenera und Cornesega). Die Schwäche und Anfälligkeit eines monospezifischen Bestandes aus Pflanzenindividuen gleichen Alters und die Tatsache, dass sich die Gemeine Fichte in diesen Gebieten an der südlichen Grenze ihres geografischen Verbreitungsgebietes befindet, bedeutet, dass sie widrigen Wetterbedingungen und Parasiten wenig Widerstand entgegenzusetzen hat. Der am meisten vertretene Waldbestand ist der Buchenwald. Die Buche (Fagus sylvatica) findet ihren optimalen Lebensraum in Bezug auf den Boden und aufgrund des ozeanischen Klimas in einer Höhenlage zwischen 1.100 und 1.400 m, wo sie einen reinen Bestand (d.h. nur aus Buche bestehend) aus Individuen gleichen Alters bildet.

Das Unterholz steht in engem Zusammenhang mit der Lichtmenge, die durch die Baumkronen hindurchdringt. Wenn der Wald reif ist und die forstwirtschaftlichen Hiebmaßnahmen beginnen, ist der Boden hauptsächlich mit Farnen und schattenliebenden Arten bedeckt, die für einen kargen Buchenwald charakteristisch sind, darunter das Kleeblättrige Schaumkraut (Cardamine trifolia), die Schneeweiße Hainsimse (Luzula nivea), Waldmeister (Galium odoratum) usw.
Eine weitere sehr verbreitete Formation ist der Tannen-Buchenwald: Eine Pflanzengesellschaft bestehend aus Buche und Weißtanne (Abies alba), die einen Teil des Gebietes um die Ebene einnimmt, wo der ozeanische Charakter des Klimas weniger ausgeprägt ist. Die Zusammensetzung dieser Formation ist vielschichtig (d.h. sie besteht aus Pflanzen unterschiedlicher Größe und Alters), was die seitliche Infiltration von Licht begünstigt, wodurch sich auch Sträucher und Gräser gut ausbreiten können. Die häufigsten Arten sind: Heckenkirschen und Geißblätter (Lonicera sp. pl.), Echter Seidelbast (Daphne mezereum), Fuchssches Greiskraut (Senecio fuchsii) u. a. sowie diverse Farne und Moose. Der letzte Waldtypus ist der reine Tannenwald (d.h. nur Weißtanne -Abies alba-), der eine begrenzte Fläche im Nordwesten des Cansiglio einnimmt. Es handelt sich um einen nahezu einzigartigen Wald in den Alpen, mit gleichaltrigen, säulenartig hochgewachsenen Pflanzen. Die strauchigen, krautigen und moosigen Schichten ähneln weitgehend denjenigen der Buchenwälder.

La fauna

Säugetiere: Die am meisten vertretene Art ist zweifellos der Rothirsch (Cervus elaphus), aber es gibt auch Rehe (Capreolus capreolus) und Damwild (Cervus dama). Weitere Säugetiere sind der Feldhase (Lepus europaeus) und der Schneehase (Lepus timidus), das Eichhörnchen (Sciurus vulgaris), der Siebenschläfer (Glis glis) und die Wühlmäuse (Arvicolinae). In großer Anzahl vorhanden sind auch der Fuchs (Vulpes vulpes) und diverse Marder (Mustelidae).

Vögel: Die häufigsten stationären Arten der Greifvögel (Accipitriformes) sind der Habicht (Accipiter gentilis), der Sperber (Accipiter nisus), der Bussard (Buteo buteo) und der Turmfalke (Falco tinnunculus). Andere tagaktive Greifvögel lassen sich auf dem Zug beobachten, während der Steinadler (Aquila Chrysaetos) sich leicht ausmachen lässt, da er im nahen Monte Cavallo nistet. Unter den nachtaktiven Eulen (Strigiformes) sind der Waldkauz (Strix aluco), der Sperlingskauz (Glaucidium passerinum), der Raufußkauz (Aegolius funereus) und die Waldohreule (Asio otus) am häufigsten. Die Hühnervögel (Galliformes) sind mit dem Haselhuhn (Bonasa bonasia), dem Birkhuhn (Tetrao tetrix), dem Auerhahn (Tetrao urogallus) und dem Alpenschneehuhn (Lagopus mutus) gut vertreten. Die Spechtvögel (Piciformes) repräsentieren der Schwarzspecht (Dryocopus martius), der Buntspecht (Dendrocopos major) und der Grünspecht (Picus viridis). Ein hier sesshaftester Vogel ist der Buchfink (Fringilla coelebs): Er ist auch vermutlich der am häufigsten vorkommende Vogel im Cansiglio.

Amphibien: Hohe Luftfeuchtigkeit und stehende Wasser in den Wasserbecken der Dolinen bieten das ideale Ambiente für Amphibien: Alpenmolch (Triturus alpestris), Kammmolch (Triturus cristatus), Alpensalamander (Salamandra atra), Grasfrosch (Rana temporaria) und der Seefrosch (Rana ridibunda).

Cansiglio und Mensch

Die Kimbern Die Kimbern waren ein germanischer Volksstamm, dessen ursprüngliche Herkunft aber Dänemark war. Sie kamen ab 1795 aus Roana, einer Gemeinde auf der Hochebene von Asiago, nach Cansiglio. Die Hauptbeschäftigungen der Kimbern waren immer schon mit der Verarbeitung von Holz und Milch verbunden. Besonders erfolgreich waren sie mit ihrem handwerklichen Geschick. Sie hatten runde Schachteln entwickelt, die sie aus dünnen Buchenholzplatten herstellten, um den Molkereiprodukten Form zu geben. So erhielten sie auch den Spitznamen „Schachtelbauer“. Aufgrund ihrer Herkunft sprachen sie eine Sprache germanischen Ursprungs, die allerdings inzwischen langsam ausgestorben ist.

Forstwirtschaft. Die Landschaft und die Umwelt sind das Ergebnis einer jahrhundertelangen Forstwirtschaft. Die Republik Venedig, die Serenissima, fand in dieser Gegend den passenden Wald, um ihr mächtiges Arsenal zu versorgen. Cansiglio-Buchen wurden für die Herstellung von Rudern, für Bauholz und für die Kohleproduktion verwendet. Die Serenissima hat dieses Naturerbe stark ausgebeutet, konnte es aber auch gut verwalten, indem sie präzise Regeln und harte Strafen für Zuwiderhandelnde anwandte. Unter der französischen und österreichischen Regierung wurde die Waldbewirtschaftung dann auf Produktion ausgelegt, und erhebliche Schäden am Naturerbe wurden angerichtet. Erst nach der Gründung des Königreichs Italien im Jahr 1871 erklärte die italienische Regierung die Forstdomäne Cansiglio für unveräußerlich. Der „Corpo Forestale dello Stato“, also die Staatliche Forstwache, verwaltete den Wald bis 1978, als mit der Übertragung der forstwirtschaftlichen Befugnisse vom Staat auf die Regionen der Cansiglio in das Eigentum der Region Venetien überging. Forstwirtschaft wird nach wie vor aktiv betrieben, sowohl mit Blick auf den Naturschutz als hinsichtlich der Produktion. Basis sind naturalistische Kriterien für den Erhalt eines ökologisch stabilen Waldes.
Tierhaltung. Die weitreichende Hochebene mit Wiesen und Weiden wird heute von Landwirtschaftsbetrieben genutzt, die ganzjährig aktiv sind, oder von Almen, auf denen die Tiere nur im Sommer weiden. Der Hauptbetrieb gilt in erster Linie der Milchproduktion

Tourismus. Der Cansiglio ist auch ein Ort der Erholung und des Eintauchens in die Natur, aber auch des Lernens und der Sensibilisierung. Es gibt zahlreiche Gelegenheiten zur Naturbeobachtung, die zu verschiedenen Jahreszeiten organisiert werden (Wandern, Mountainbiken oder Reiten, Birdwatching, Anhören des Röhrens der Hirsche usw.). Für ein gut ausgeschildertes Wegenetz ist auch gesorgt.

 

 

Informationen und Material:
Veneto Agricoltura – Centro Forestale di Pian Cansiglio
32010 Spert D’Alpago (BL)
Tel: 0438.581757 foreste.cansiglio@venetoagricoltura.org
Bürozeiten: Montag-Donnerstag 8:30-12:30; 15:00-17:00 Freitag 8:30-14:00

http://www.venetoagricoltura.org/2007/01/sedi/centro-forestale-sede-di-pian-cansiglio-bl/

Veröffentlichungen über Cansiglio können hier heruntergeladen werden
http://www.venetoagricoltura.org/catalogo-editoriale-educazione-naturalistica/